Archiv des Autors: jana.strein.js@gmail.com

Tagesbericht 11.06.2023

16.Tag Seligenstadt – ein Tag in der Heimat

Heute ist Premiere: diesen letzten „Nicht“-Reisetag gab es in den letzten 20 Jahren nicht. Aber auch wenn wir schon angekommen sind, gibt es etwas zu berichten.
Gestern gab es den großen Abschied auf dem alten Jahn-Sportplatz. Turnvater Jahn hätte uns zu Lebzeiten selbst empfangen können (*11.08.1778, +15.10.1852). Zu seiner Zeit gingen die Kaufmannszüge noch. Insofern war es der richtige Ort für unsere letzte Etappe. Danke, dass das geklappt hat, an wen auch immer.
Mein letzter Tag beginnt etwas verkatert, ich weiß auch nicht warum. Passt irgendwie zu einer leicht gedrückten Stimmung, denn heute ist es definitiv vorbei mit der Zuggemeinschaft. Es heißt Abschied nehmen. Der Tag ist für mich geprägt von einer Mischung aus Wehmut und Dankbarkeit. Ich vermisse jetzt schon mein Leben im Tiny-House von Martin und mir.
Ich bin früh wach. Meine Gedanken kreisen um alles erlebte: Begegnungen, Gespräche, Schweigen, Arbeiten, Helfen und geholfen werden, Feiern, Freude, Trauer, Singen, Lagerfeuer, Gemeinsamkeit und Einsamkeit.
Und ein Ereignis kommt mir wieder in den Sinn, welches ich noch schnell teilen möchte (Anmerkung: wem das zu kitschig wird, der springt einfach zum nächsten Absatz und liest dort weiter):
Auf der Strecke nach Eichenbühl kommen wir durch einen Ort, dessen Namen habe ich sofort wieder vergessen habe. Seit einer Stunde zieht südlich von uns ein Gewitter neben uns her (am nächsten Tag konnten wir in der Presse nachlesen, welche Mengen Wasser und Hagel dort runterkamen). In diesem namenlosen Ort kommt eine alte Dame an den Zug und wünscht uns eine gute Reise, wie es viele Menschen tun, denen wir begegnen. Dann kommt sie einen Schritt näher zu mir, nimmt meine
Hand, drückt sie feste und sagt: „Ich habe für euch eine Wallfahrtskerze aus Walldürn angezündet, damit ihr alle sicher nach Hause kommt“. Ich bin so gerührt, dass ich nur kurz danke sagen kann – und mir tritt eine Träne ins Auge.
Sorry, ich schweife ab, eigentlich will ich doch nur kurz den letzten Tag wiedergeben. Daher: immer schön der Reihe nach!

Es ist also früher Morgen, ich bin verkatert und der letzte Tag beginnt, da war ich eben stehen geblieben.
Das Küchenteam ist wieder voll in Fahrt und beköstigt schon ab 07:00 Uhr die ca. 100 Gäste und Teilnehmer, die trotz Wohnung, Haus, Familie und Freunden lieber in der Zuggemeinschaft frühstücken wollen. Ich kann es verstehen! Also: „Guten Morgen, liebes Küchenteam“ und ran ans Frühstück. Die Uhr wandert unaufhaltsam auf 09.30 Uhr zu – die Basilika kündigt es laut und deutlich an. Die ersten Fuhrleute packen zusammen. Abschied, Danke, Drücken und das Versprechen beim nächsten Mal wieder dabei zu sein. Die Uhr dreht sich weiter und unaufhaltsam nähert sich der vorläufig letzte Auftritt von Gatter-Gerd. Support-Besprechung 10:00 Uhr – pünktlich!
Die Aufgaben werden verteilt und als Devise gilt: 12:00 Uhr fertig werden. Ungläubig schaue ich die anderen an: „das schaffen wir nie“ – und ich behalte Recht.
Um 10:57 Uhr sind alle Gatter verladen, der Mist wird geräumt. Nebenbei macht Annette mit dem Küchenteam den Bäckerwagen fertig und räumt den Küchenbereich. Das Zelt-Team wühlt auch schon vor sich hin.
Nachdem sich nun alle Fuhrleute und die letzten Mitläufer verabschiedet haben (ja, same procedure: Abschied, Danke, Drücken und das Versprechen beim nächsten Mal wieder dabei zu sein) wird der restliche Kutschenfuhrpark per Traktor überführt und die verbleibende Ausstattung auf die Fahrzeuge verladen.
Um Punkt 12:07 Uhr ist alles weg und der Platz ist leer. Nicht ganz, denn das
Team F, unsere Feuerwehr, ist noch dran und verlädt den Rest der Party.
Danke, Jungs und Frauen der Feuerwehr! Ihr habt einen tollen Job für uns und alle Gäste gemacht.
Hoffentlich können wir uns revanchieren.
Mit den letzten Fahrzeugen geht es zur Heimatbundhalle bzw. zu Peter an die Halle und es wird alles ausgeladen. Das Kernteam hat die nächsten Tage noch viel zu sortieren. Ich leide mit euch!
Und dann Tschüss und nach Hause (ja, same procedure auch bei uns: Abschied, Danke, Drücken und das Versprechen beim nächsten Mal wieder dabei zu sein).
Was mir jetzt noch bleibt ist danke zu sagen, an alle, die es verdient haben – nicht zu vergessen:
Hans und Nora – unsere Zugpferde.
Und namentlich an Peter und das Planungsteam, dem Küchenteam, dem Zelt-Team, den Fuhrleuten und vor allem dem Support-Team unter der Leitung von Gatter-Gerd:

Lieber Gerd, Du hast einen grandiosen Job gemacht und dein Team mit Empathie, Klarheit, Fachkompetenz, Ansage, Lob und Tadel, Geduld und Wertschätzung auf Augenhöhe erfolgreich ins Ziel geführt.
Und jetzt nehme ich meine unfassbaren Eindrücke in Dankbarkeit mit nach Hause und lasse euch, liebe Leserschaft, allein mit all den Worten und freue mich darauf, euch in vier Jahren wieder etwas berichten zu dürfen.

Herzliche Kaufmannsgrüße und ein letztes „Jubel“ aus dem Kaufmannszug.
Norbert Dautzenberg

Tagesbericht 10.06.2023

15.Tag Etappe von Eisenbach nach Seligenstadt

Der 10. Juni ist angebrochen. Die Glieder werden in der Turnhalle und allen angrenzenden Räumlichkeiten früh gereckt, denn heute bricht der letzte Tag des Kaufmannszuges an und die Strecke beträgt 38 km; also ist ein früher Aufbruch angesagt.
Das Frühstückteam und das Serviceteam geben wieder alles. Danke!
Wir Kaufmannszügler genießen den Service, die erste steile Strecke gefahren zu werden; um uns zu schonen und um die Pferde zu entlasten, denn bergauf bleibt der Wagen leer! Wir nutzen die Zeit und laufen schon mal voraus. Die Strecke ist bekannt und auf Komoot abrufbar. Einige schonen die Füße und warten zwischen blau blühenden Feldern auf die
Kutschen. Neun eifrige, fitte und pferdeschonende Kaufmannszügler setzen weiterhin einen Fuß vor den anderen, sehen über den Bergkamm die Kutschen kommen und warten im Schatten auf den Kutschzug. … … … Wo bleiben die denn? Warum hört man kein Hufgeklapper, keine Räder? Ein Blick auf die Seite von www.kaufmannszug.com zeigt, dass die Kutschen in die andere Richtung abgebogen sind! OK. Die Neun entwickeln den Plan dem Zug durch den Wald hinterherzueilen, müssen aber leider nach einiger Zeit erkennen, dass dies nicht mehr möglich ist. Der Kaufmannszug rollt und rollt unerbittlich in die andere Richtung weiter. Es bleibt den sportlichen Neunen nichts anderes übrig, als an einem Waldparkplatz auf den Support zu warten. Dieser sammelt sie ein und Peter ist not amused.
Doch … wo kam der falsche Zugplan her ?
In Stockstadt werden wir auf dem Bauhof herzlich empfangen! Es laufen noch weitere
Zugteilnehmer aus der ersten Woche die letzte Strecke mit. Die Stimmung ist gut! Moni hat ihre Ukulele mitgebracht und „nötigt“ die Mitreisenden zum Singen und die Zeit verfliegt.
Die Läufer wechseln sich ab, denn die Wärme macht allen zu schaffen. Die Polizei empfängt uns und geleitet uns auf die Straße und über die Kreuzung Richtung Seligenstadt. Gefühlt fliegen die Pferde dem Ziel entgegen. Die Kaufmannszügler rödeln sich auf dem Parkplatz auf, die Kutschen und Pferde werden geschmückt, die Fahnen entrollt, die Trommeln aufgenommen, Soldaten ziehen die Uniformen an und „laden“ die Gewehre mit Blumen. Die Vorfreude zeigt sich spätestens jetzt in allen Gesichtern! Wir laufen auf Seligenstadt zu. Wir laufen auf die Basilika zu. Wir sehen die Fahnen, die geschwenkt werden. Die Musikanten empfangen uns. Wir dürfen über den Kreisel durchs „Stadttor“ laufen. Überall werden wir mit fröhlichem Jubel empfangen.
Die Stadt ist geschmückt. Der Empfang vor dem Rathaus ist festlich und
herzlich und leider traurig, denn Willi Eiles ist während der 2. Woche des Kaufmannszuges verstorben. Unsere Fahnen und Kutschen wurden mit Trauerfloren ausgestattet und wir gedachten seinem Lebenswerk und seinen Engagement für die Stadt und die Brauchtumspflege.
Weiter geht es zum Jahnsportplatz. Die Pferde werden versorgt und erst dann ist alles
andere dran. Freunde begrüßen und umarmen, Reiseberichte austauschen, allenthalben auf dem Platz herrscht eine fröhliche, trubelige Stimmung. Die Feuerwehr richtet den Kaufmannszüglern ein schönes Fest aus. Die Tische sind herrlich geschmückt und für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt und die Stadtkapelle gibt der Stimmung noch einen zusätzlichen Schub.
Wie es die Toten Hosen schon beschrieben:
An Tagen wie diesen wünschen wir Unendlichkeit! Stimmt!

Mit einem fröhlichen und lauten Jubel
Stefan und Cäcilia

Tagesbericht 09.06.2023

14. Tag Etappe von Eichenbühl nach Eisenbach

Erlaubt mir eine kleine Schleife zurück zum Tag vor der Abfahrt nach Augsburg,

25. Mai 2023…
Noch 5 Stunden bis zur Gepäckabgabe, noch 24 Stunden bis Ankunft in Augsburg.
Eigentlich müsste ich dringend noch die Buchhaltung schmeißen, aber ich hab mich gerade auf der Kaufmannszug-Seite mit den alten Bildern verloren und fange schon jetzt an, zu weinen.
4 Jahre sind schon wieder im Flug vergangen.
Bis eben war ich gefangen in der Hektik der Vorbereitungen und im Nähfieber. Alles dabei, alles gepackt, alles im Griff? Ich weiß es nicht. Der Weg wird es zeigen.
Viel wichtiger, jetzt hier alles abzulegen und sich auf die langersehnte Reise zu freuen. Zack, und schon fließen wieder Tränchen. Keine Ahnung, was das alles mit einem macht.
4 Jahre liegen hinter uns, gespickt mit Hürden, an erster Stelle die Zeit mit Corona.
Ich weiß, dass mein Tagesbericht erst in Eisenbach gefragt ist, aber dennoch wollte ich
heute aufschreiben, wie ich mich vor meinem 3. Start fühle. Eben gerade fängt die Freude an auf unvergessliche Stunden, prägende Gespräche und unzählige Gedankengänge – soviel ist jetzt schon sicher.
Endlich wieder die Natur bei einem Schritttempo von bis zu 7 oder mehr Stundenkilometer einsaugen dürfen. Anstrengung, Überwindung, Vergessen, Erholen und vor allem: die Einfachheit und den Dreck der Felder spüren.
Jeder, der ab morgen an meiner Seite unterwegs ist weiß, warum genau jetzt schon die
Tränen fließen. Es ist einfach nicht zu beschreiben….

So und jetzt zu meiner heutigen und eigentlichen Aufgabe:

Der Tagesbericht vom 09.05. – Eisenbach
Letzte Station vor dem morgigen Einzug in unsere Heimatstadt Seligenstadt.
Zugegeben, es war nicht sinnvoll mit dem Verfassen auf heute, den Sonntag nach dem
Einzug zu warten. Aber nach einem wieder wundervollen Tagesmarsch und Zugweg von
Eichenbühl nach Eisenbach, gab es wenig Gelegenheit, einen Text mit einigermaßen
vernünftigen Zusammenhängen zu verfassen.
Wir haben am Freitagmorgen wie üblich gestartet. Eine Tour von ca. 26 km lag vor uns. Es wurde wesentlich heißer als die Tage zuvor und so mussten die Kutschen regelmäßig zum Ausruhen und Durchatmen genutzt werden.
Doch als das Hufgeklapper in Miltenberg sich mit dieser wundervollen Stadt vermischte, hat es einen einfach wieder aufs Neue weitergetragen. Ich selbst habe mich neu begeistert, wie wunderschön Miltenbergs Altstadt ist und die Freude der Zuschauer war einfach sensationell.
Mittagsrast folgte darauf – wie in jedem Jahr – am Mainufer. Leckere Nudel mit Bolognese und Salate. Das war wie immer tip top… Danke ans Kuhn-Team!
Kurz vor Eisenbach wurden unsere Pferde, Teilnehmer und Kutschen aufgerödelt. Nachdem ich nun das 3. Mal dabei sein darf, wusste ich bereits, wie herzlich wir in Eisenbach empfangen werden und wie viel Arbeit sich die Einwohner von Eisenbach für uns machen.
Unser Fuhrmann Leo, selbst „Eisenbacher“ führt auf diesem Einzug wieder den Zug an. Das allein finde ich rührend und würdigt den besten Kutschfahrlehrer überhaupt.
Die Straßen waren geschmückt, überall an den Straßen standen unzählig viele Menschen, die uns ein kühles Bier, Schnäpschen oder andere lebenswichtige Getränke anboten.
Nachdem wir dann die Pferde versorgt wussten, die Wagen und Feldbetten für die Nacht vorbereitet waren, startete bereits die Musikkapelle und das Fest war in vollem Gange.
Auch hier wird für alle Zugteilnehmer eine mächtige Tafel in der Mitte für uns hübsch
geschmückt reserviert. Das gibt uns die Möglichkeit, uns zusammenzufinden, gemeinsam zu musizieren und diesen Tag Revue passieren zu lassen. Für mich persönlich, sind das die schönsten Abende und Eisenbach ist hier einfach herausragend.
(Ein klein wenig habe ich die spätabendlichen und sehr spontanen Trompeter-Trommelmixe mit der Kapelle vermisst. Das war bisher einer der Highlights meiner Züge und ich bitte darum, dies beim nächsten Mal wieder erleben zu dürfen)

Aktuell ist jetzt bereits Sonntag, der 11.6. – die letzte Nacht in Seligenstadt, inklusive
Einmarsch liegt hinter mir und das wohlbekannte Loch im Boden tut sich auf….
Ich möchte jedoch dem liebgewonnenen Norbert für seinen letzten folgenden Bericht nicht vorgreifen. Er wird sicher wieder die für ihn so wundervoll typischen Texte verfassen und uns den Tag liebevoll beschreiben.
Auch er ist einer dieser „unerträglich positiven“ Teilnehmer dieser Reise und ich muss beim Tippen schmunzeln (dieser Charakterzug wurde von unserem Fuhrmann Thomas für ein anderen Fuhrmann neu vergeben und wird mich mindestens für die nächsten 4 Jahre begleiten. Bis dann wieder einer einen draufhaut …)
Ich danke allen und jedem auf dieser emotional so bewegenden Reise und nein, ich weine gerade sicher nicht!
Das besagte Loch im Boden wird von Stunde zu Stunde größer, doch leider muss es in den kommenden 4 Jahren wieder mit dem üblichen Alltag und Oberflächlichkeiten gefüllt werden.
Dann erst kann dich der nächste Zug wieder mit voller Wucht auf den Boden bringen,
runterholen und erden.
In diesem Sinne, bleibt gesund – tragt es so lange wie möglich in euch.
Alles von dem, was unser Weg ausmacht, fehlt mir ab jetzt und für vermutlich sehr lange Zeit.
Diese Erfahrung durfte ich nun das 3. Mal machen. DANKE.
Danke an das Orga-Team, Support, Teilnehmer, besonders den nervenstarken Fuhrleuten und allen, die sich mit uns begeistern.

JUBEL.
Kirsten

Tagesbericht 08.06.2023

Tag 13 Etappe von Külsheim (Cullesheym) nach Eichenbühl

00:01 Uhr: Hufgeklapper und lautes Wiehern dringt durchs offene Fenster in der Festhalle Külsheim.
Ich schrecke aus dem Schlafsack auf: Geht es schon weiter? Hatte ich was verpasst? Als Neuling beim Kaufmannszug gibt es viel zu lernen und die Gelegenheit für ungeahnte neue Erfahrungen und auch Grenzerfahrungen ist vielfältig! Nein, das war kein Zeichen zum verpassten Aufbruch, sondern ein ganz besonderer Moment: Ann-Kathrin und Desperado hatten am 08. Juni Geburtstag und der wird pünktlich mit standesgemäßem
Einzug zu Pferd – also Ann-Kathrin auf Desperado – gefeiert. Die Melodien von
Geburtstagsständchen dringen durch das Fenster in die Schlafkammern in der Festhalle Külsheim, wo wir unsere luxuriöse Lagestätte errichtet haben. Wieder mal zu früh im Bett, aber die zurückgelegten Kilometer und Bier und Wein fordern ihren Tribut, wenn man nicht mehr zur Jugend zählt. Dieselbe sollte noch lange nach Mitternacht auf dem Festplatz zwischen Schloss und Kirche um ein Lagerfeuer versammelt ihren eigenen gesanglichen Beiträgen zur wiedermal wunderschönen lauen Sommernacht vortragen. Wunderschöne laute Stimmen von draußen vermischen sich mit erheblichen noch lauteren Schnarchgeräuschen in unserem Lageraum. Eine weitere Erkenntnis: Ohropax taugen nichts, eine reine Fehlinvestition!
Hätte ich besser noch zwei Bier oder Wein getrunken. Das wäre vielleicht
schlafförderlich gewesen. Aber egal, wir sind auf dem KMZ 2023 dabei und das allein zählt.
Irgendwie kamen im Morgengrauen doch noch ein paar Momente Schlaf zusammen bis zur Aufstehen gegen 6.30 Uhr, dann hieß die ermahnende Ansage von Frank: Frühstück von 7:00 bis 08:30 Uhr – wer zu spät kommt, guckt in die leere Auslage. Halte ich aber für ein Gerücht, denn das fantastisch fürsorgliche Küchenteam lässt keine Wünsche offen und keine Mägen ungefüllt. Ein großer Dank an dieser Stelle: Kein 4-Sterne-Hotel-Buffet hätte anderes zu bieten. Und wieder war das Küchenteam noch vor allen anderen fleißig, damit die Fuhrleute ihren Kaffee bekommen können, während sie sich um ihre Pferde kümmern. Ein weiterer großer Dank: Kutscher und Pferde: ihr seid die tragende und gestaltende Basis für das Bild als Kaufmannszug, wie er vom jubelnden Volk an der Straße wahrgenommen wird.
Ein besonderer Dank an Toni und Walter, die Fuhrleute „unserer“ Kutsche, die immer freundlich und geduldig all unsere laienhaften Fragen beantworteten und auch den Pferden Fanni und Desperado, die mit ihren 2 PS und ca. 1600 Kilo, Kutsche und bis zu 8 Personen über die Wege und Straßen ziehen, sei gedankt. Was für eine Leistung!
Es ist Fronleichnam und zu früher Stunde hatten Külsheimer Frauen den Weg der Prozession mit Blumenbildern geschmückt. Um 9 Uhr beginnt der Gottesdienst im Freien auf dem Festplatz.
Allen Gerüchten von Gewittern und Regenschauern zum Trotz erstrahlt über uns ein blauer Himmel – und auch schon eine brütend heiße Sonne. Etliche KMZ-Teilnehmer schließen sich der Prozession durch die Straßen Külsheim an, um sich dann gegen 11 Uhr wieder mit den anderen zu vereinen.
Diese lagen teilweise noch in den Schlafsäcken, teilweise wurde aber schon gepackt. Und draußen bei den Wägen wurde fleißig repariert; Bremsklötze ersetzt, Räder aufbereitet. Ab 11:15 Uhr gab es Mittagessen im Innenhof des Külsheimer Schlosses; mit Gutscheinen vom KMZ-Orga-Team! JUBEL!
Hirsebrei und Grünkern, neue Gerichte für die Külsheimer. Extra für uns, so war zu erfahren, hatten sich die Külsheimer in weiser Voraussicht eine Alternative zur sonst üblichen Grillwurst ausgedacht.
Dann steigt wieder die Spannung: Obwohl nun schon viermal erlebt, ist die Atmosphäre bei dem Aufbruch ganz besonders! Alles läuft wie geschmiert… Wurde nichts vergessen? Alles am richtigen Platz? Noch mal aufs Klo gegangen? Als Teilnehmer staunt man immer wieder über die Perfektion, mit der die Pferde eingeschirrt werden, so viele Leinen, Schnallen, Schnüre… Aber auch die Pferde
spüren die Spannung: es wird gewiehert und die Köpfe nach oben geschmissen und sie zappeln wie Kinder in ihren Geschirren. Dann 13 Uhr – schlag pünktlich wie immer macht sich der KMZ unter dem Jubel der Zuschauer aus Külsheim auf den Weg. Raus aus Külsheim mit seinen Brunnen, dem Schloss mit seinem Turm auf dem unserer Trommler am Abend zuvor noch ein extra Ständchen dargebracht hatten und dann Tschüss zu der luxuriösen Unterbringung in der Külsheimer Festhalle.
Danke an die Külsheimer – wir werden sicher zu eurem „historischen Spektakulum“ im Mai 2024 wiederkommen!

Raus ging es aus der Stadt und schnell kamen wir wieder ins Grüne mit Getreidefeldern, Wiesen, Wäldern und Sonne und Hitze und Schweiß.
Erster Halt bei Hundsheim. Kleine Verschnaufpause für die Pferde und Menschen. Dann weiter am Birkhof vorbei und durch Tiegfenthal Richtung Neunkirchen. Entgegen der ersten Tage wurden weniger Fotos vom Zug gemacht. Dafür steigt die Stimmung bei den Wagenleuten, die sich auf der noch ebenen Wegstrecke von den tapferen Pferden ziehen lassen. Gerüchte über den steilen Abstieg
nach Eichenbühl, werden ausgetauscht, auch ängstliche Blicke in den Himmel, denn Gewitterwolken tauchen nun doch tatsächlich auf.
Bei einer Wiese vor der höllischen Abfahrt wird Halt gemacht. Regenponchos werden übergezogen und Angstpipi in Wiesen und Büsche entsorgt. Bei unserer Toni-Kutsche werden dicke Seile angebunden und links und rechts mit je vier Leuten bestückt, die als Bremser bei den steilen Stellen, Kutsche und Pferde entlasten sollen. Dann geht es weiter, bald stellen wir fest, dass die
Regenponchos unnötig waren, denn die angekündigten Gewitter zogen an uns vorbei. Hinter dem Mautturm dann Halt zum Aufrödeln, Fahnenschwenker, Trommler und Soldaten nehmen Aufstellung.
Dann geht’s das steile Stück des Weges hinab und hinein nach Eichenbühl. (Warum erinnert mich die Ortsbezeichnung an das Auenland im Herr der Ringe…)
Wieder ein Wahnsinns-Empfang: Die Straßen gesäumt mit Eichenbühlern bis hin zum Rathaus, wo der Schultheis Günther Winkler den KMZ gebührend und rhetorisch korrekt empfängt. Heute ohne Stapelrecht, teilt sich der KMZ in diejenigen, die sofort zum Feiern übergehen und denen, die Wagen und Pferde begleiten und weiterziehen zum heutigen Nachtquartier in der Reithalle des Reit- und Fahrverein Eichenbühl.

Alles strömt in die Halle zum heutigen Nachtquartier, Pferde und Kutschen werden versorgt. Und dann kommt doch noch das angekündigte Gewitter. Keine Chance, nochmal den Weg zum Festbetrieb in Eichenbühl zu laufen. Die weniger Dagebliebenen versammeln sich unterm Dach und – bestellen
Pizza….
Für alle anderen Zugteilnehmer gab es am Festbetrieb kostenfrei Fisch von unserem Seligenstädter Forellen Burkard. An dieser Stelle in herzliches Dankeschön!
Die Nacht in der Reithalle: zum widerholten Male eine Grenzerfahrung für Menschen mit leichtem Schlaf. Evolutionsbedingt heißt es, sollen Männer schnarchen, um ihre Frauen und Kinder vor wilden
Tieren zu schützen…. Das gelingt hier mit besonderem Nachdruck: jedes Wildschwein im Umkreis von 3 km nimmt sicherlich Reißaus. Ich halte es nicht aus und folge Markus 2:12 Uhr: „ Er nahm sein Bett und ging hinaus…“ Herrliche Stille in freier Natur…
Was für ein Erlebnis, was für eine Gemeinschaft, was für eine geniale Organisation!
Unglaublich, diese persönliche Hilfsbereitschaft untereinander!!

KMZ: JUBEL
Klaus Junkes-Kirchen

Tagesbericht 07.06.2023

12. Tag
Etappe von Tauberbischofsheim nach Külsheim
Jubel, liebe Kaufmannszug interessierte,
gestern sind wir in Tauberbischofsheim eingezogen. Mit wehendem Fahnen und lautem Jubel zogen wir auf den Marktplatz ein. Menschenmassen empfingen uns. Was für ein Erlebnis. Unsere Kaufleute boten ihre Waren an, der Bader seine Medizin und der Bürgermeister hab einen Empfang.
Angekommen legte das Team um Gatter Gerd los., die Wagen zu reparieren. Das Orga-Team hat alles im Griff. Es wäre unfair, einen herauszuheben. Das ist ein funktionierendes Team aus Frauen und Männern.
Was sich der „Pit“ da aufgehalst hat, kann ich bestens beurteilen. Ich erlebe es das ganze Jahr, dafür habe ich aber nur 35 Frau/Mann für die ich verantwortlich bin. Du hast das jetzt 14 Tage für 190 Frau, Mann und Kind. Also den 6-fachen Stress. Respekt Pit, halt durch, es läuft prima. Das macht man für solche Momente wie diesen Einzug. Eine Anmerkung hätte ich noch. Wenn ich mal in Rente gehe, werde Bauhofleiter. Das rockst du auf der linken Arschbacke.
Jetzt kommen wir zur Tagesetappe nach Külsheim, der 12. Tag. Schnell hat man den gleichmäßigen Hufschlag der Pferde im Ohr, der wie im Taktstock das Tempo bestimmt. Mann kann sich auf den Rhythmus einlassen und sich der Natur widmen. Wenn ihr das lest, lehnt euch zurück, schließt hin und wieder die Augen und lasst die Bilder, die ihr im Kopf habt noch al vorbeiziehen. Wer im Camp übernachtete, der schlief in der Reithalle. Wenigstens war die Halle wärmer als das Zelt. An den Pferdegeruch hat man sich
mittlerweile gewöhnt. Jedoch, wie Daniel bemerkte, hätte man die Halle ruhig vorher auskehren können. Also Sandboden, das ist wie zur Fastnacht Glimmer im Haar. Man hat wochenlang was davon.
Die Landschaft ist hügelig. Die einzelnen Felder sind mit unterschiedlicher Frucht bestellt. Wälder, Streuobstwiesen, kleine Bäche und Strauchgruppen ergänzen die Landschaft. Es ist noch Frühling und die Pflanzen erscheinen in einem saftigem grün. Unbeschreiblich, wie viele verschiedene Grüntöne es gibt. Die jungen Ähren der Gerstenfelder wiegen sich wie Wellen im Wind. Bunte Wiesen warten auf
ihre Mahd. Roter Klatschmohn fällt sofort ins Auge, lila Wicken sieht man häufig am Wegesrand. Greifvögel wie die Jubelweihe kreisen über den Feldern und halten Ausschau nach einem fetten Mahl. In den Bäumen zwitschert es in den unterschiedlichsten Tonlagen. Richtig, das haben wir alles
zuhause. Aber fällt es uns auch so auf? Hier beim Kaufmannszug hat man eine ganz andere Wahrnehmung. In der Mittagspause legt man ich in Gras. Ich beobachte wie Kinder und Frauen Blumen pflücken, sich die Haare damit schmücken und ihren Wägen dekorieren. Und jeder, der eine Blume pflückt riecht daran. Selbst an Gräsern wird gerochen und die Unterschiede der einzelnen Getreide aufzunehmen. Herrliche Momente in Mitten der Natur. In Eiersheim hatten wir die Mittagsrast am Gemeindehaus. Auch hier wurden gastfreundlich empfangen. Das Mittagessen gab es
diesmal aus der Heimat. Die Metzgerei Becker aus Seligenstadt hat das Essen frisch geliefert. Nochmals Danke. Eine weitere Rast bei Kaffee und Kuchen, der auch frisch war, von der Bäckerei Haas stärkte uns nochmals in Uissigheim. Ein herzlicher Empfang bescherten die Külsheimer, mit anschließendem Spektakulum am Schlossplatz. Eigentlich ist es eine Burg. Aber das sieht man hier anders. Sei es drum, jedenfalls sehr gepflegt.

Liebe Grüße
Harald Ott

Tagesbericht 06.06.2023

11. Tag
Etappe von Unterwittighausen nach Tauberbischofsheim

Das erste Mal schreibe ich diesen Bericht – es geht mir viel durch den Kopf –
schon lange vor dem Start in die zweite Etappe nach Aub, als auch
währenddessen…
Ich bin jetzt das vierte Mal dabei – jedes Mal war es ein Erlebnis – jedesmal
wieder anders – jedesmal wieder neu und aufregend, spannend…
Geht alles gut? Passiert nichts – außer Positives? Ja – es passierte bisher nur
Positives. Zumindest für mich, außer schmerzenden Muskeln und Ansätzen von
Blasen an den Füßen. Ohne Training 12 – 14 km am Tag laufen im Pferdetempo
ist schon eine Herausforderung, die man körperlich spürt.
Wie dem auch sei: wie immer sind wir pünktlich gestartet um 10.00 Uhr – ein
großes Kompliment an die Führung des Unternehmens, an den Support, an alle
aktiven Menschen, die uns das Zugleben erleichtern. Da ich Hotel-Schläfer bin,
kann ich natürlich nichts erzählen von den Dingen, die während meiner
Abwesenheit passiert sind, Vielleicht ist es besser so…
Allerdings wurde mir gesprächsweise viel mitgeteilt über lauschige Abende,
Schnarchkonzerte im Zelt, Lieder am Lagerfeuer, eine Regendusche in der
vergangenen Nacht. Dabei sollte man nicht vergessen: keine Deo-Sprays in
Zeltnähe verwenden, weil die Imprägnierung Schaden nimmt… Wer hat Deo-
Sprays nötig, wo doch der Geruch der Pferde, der Geruch von frischem
Schweiß, die vielfältigen Gerüche der Natur (inklusive frisch gefallener
Pferdeäpfel), der Duft der Wälder, Wiesen und Felder überwiegen…
Los geht’s am Ort entlang und an der Eisenbahnstrecke entlang, wo uns die
„Konkurrenz“ der Güterzüge in die Gegenwart zerren aus der Langsamkeit der
Pferdefuhrwerke Anno 1750… Da wird einem klar, welche Zeitenwende
stattfand vor etwa 170 Jahren, als die Eisenbahn das Transportwesen
revolutionierte bis zum Auto und dem Individualverkehr – die bisher letzte
Revolution nutzen wir gerade auch: das Internet…
Der Kaufmannszug – eine Vergangenheit und Tradition, die wir wiederbeleben
und uns vergegenwärtigen, welche Last und Mühe unsere Vorfahren hatten,
Verbindungen zu schaffen und aufrecht zu erhalten. Handel bringt Wandel.

Wir ziehen mit unseren treuen Pferden und den unnachahmlichen
phantastischen Kutschen und Fuhrleuten durch eine aufdringlich sattgrüne
Landschaft unter einem blauen Himmel mit Wolken-Wattebäuschen und
dicken fetten weißen Wolkenbergen in der Ferne. Die Getreidefelder und das
hohe Gras veranstalten im leichten, uns kühlenden Wind, fröhliche LaOla-
Wellen, der Mais steckt schüchtern seine ersten Blättchen aus dem noch
trockenen Ackerboden. Wir nehmen direkt die Landschaft wahr, von der und
mit der wir leben. Erfreuen uns an der Atmosphäre, die uns umfängt. Saugen
die frische Luft ein in vollen Zügen – bis sie uns manchmal ausgeht und wir uns
auf die Wagen setzen und uns mitfahren lassen.
Und Dialogen lauschen, wie z.B.: „Mein Hund bekommt aber anderes Wasser
als die Pferde“… Oder: „Bist Du da? „Ja, ich bin da“ „Gut, dass Du da bist“ und
anderes Tiefgründiges…
Oder als ich bei der Steigung von Grünsfeld auf die Anhöhe vor dem Taubertal
und Tauberbischofsheim beim „Zurückfallen“ vom Anfang des Zuges
aufgefordert wurde: „Kumm uff de Waache, mir brauche Gewischt, damit die
Gäul was zu ziehe hawwe“ – dieser Aufforderung vom Fuhrmann zweier
massiver kraftvoller Kaltblüter konnte ich nicht widerstehen…
Und man lernt noch dazu: Pferde trinke nicht aus Gefäßen, in denen vorher
Fleisch oder Fett waren. Vögel urinieren nicht – das Weiße in der
Hinterlassenschaft ist quasi der Urin und die dunklen Flecken darin ist der Kot.
Na ja, gut dass der Falke mir gegenüber immer auf den Wagenboden gekackt
hat… Zur Besänftigung hat er mir zwei schöne Feder geschenkt, die er während
der Mauser verloren hat…
Erstaunlich ist auch die Anpassung der Tiere an ein ganz neues Erlebnis: ein
Hund, der das erste Mal dabei ist, hat sich voll akklimatisiert und läuft ruhig mit
– natürlich an der Leine. Unser Falke schläft mittlerweile tief und fest im Zelt,
auch wenn ringsum das Leben anbricht und die Leute wach werden. Und ganz
besonders der hellgrau gefleckte Tinker, ein Pferd in Ponygröße aus Island –
robust und stabil mit Strümpfchen an den Hufen und langen lockigen Haaren
an Schweif und Mähne, wurde einen Tag lang geführt, damit er sich vertraut
machen kann – jetzt wird er geritten und fühlt sich sichtlich wohl bei uns.
Ich denke manchmal, dass die Tiere zu allen unseren Leuten Vertrauen haben,
weil sie merken, dass unsere Kaufmannstruppe gut ist zu Tieren, sie mag,
Respekt haben und einen gelassenen Umgang pflegen – untereinander und zu

unseren Mitgeschöpfen – zumal wir auf sie angewiesen sind, besonders auf die
Pferde…
Nach der Fahrt, unterbrochen von einer langen Mittagspause in leicht gewellter
Landschaft mit blickdichten Büschen und Sträuchern (es gibt zwanghafte
Situationen, da sind solche Plätze sehr nützlich…) landen wir schließlich am
Zielort Tauberbischofsheim, eskortiert von der Polizei, die uns auch durch rote
Ampeln laufen und fahren lässt – vorbei an nahezu ausschließlich fröhlichen
Autofahrern, die sicher noch nie von einem solch tollen, sehens- und
erlebenswerten Zug aufgehalten wurden. Wie der ein Lob der Langsamkeit und
des Innehaltens in der schnelllebigen Zeit…
Und dann der grandiose Empfang in Tauberbischofsheim mit einer
wunderbaren Bevölkerung, die uns neugierig und mit Begeisterung empfing,
mal ausgelassenen, mal verhaltenen „Jubel-Jubel-Rufen“ – Gänsehautfeeling…
Rein in die Altstadt, umsäumt von hunderten Menschen, die sich die Augen
rieben vom Anblick unserer fast zwanzig Wagen, unseren originalgetreu
gekleideten Knechten, Mägden, Kaufleuten, unserem Medicus, unseren
Fuhrleuten – immerhin rund 140 Menschen in einen schier endlosen Zug.
Empfang von einem Statthalter des ehemaligen Fürstbischofs von Mainz und
Worms, in dessen Bistum sowohl Tauberbischofsheim lagen als auch
Seligenstadt. Wieder eine Gemeinsamkeit. Empfang und Begrüßung von der
Bürgermeisterin (ein „unserer“ Zeit gemäßes Gewand wäre auch schick
gewesen…). Umso herzlicher wurden wir empfangen mit Darbietungen
örtlicher Vereine mit Volkstanz und natürlich Essen und Getränken.
Sehr erfolgreich waren wir mit dem Verkauf unserer Münzen; das Argument,
dass damit das Abendessen für unsere Pferde gesichert würde, hat Manchen
angeregt, zu kaufen – mit und ohne Band…
Es war einfach wunderbar, in der Menge zu baden, die fröhlich und offen alle
unsere Leute begrüßten und aufnahmen. Eine bleibende Erinnerung an ein
sympathisches badisch-fränkisches Völkchen, das uns in vier Jahren wohl
wieder genauso begrüßt – und dass wir animieren konnten, mal unser
Städtchen Seligenstadt zu besuchen.
Dann ging‘s mit lautem Trommelwirbel ab zum Reiterhof – ich stieg vorher aus
in mein Hotel – über den Rest des Tages senkt sich diskretes Schweigen – es sei
denn, es gibt jemanden, der das dezent preisgibt…
JUBEL!

Raimund Wurzel

Tagesbericht 05.06.2023

10. Tag
Etappe von Aub nach Unterwittighausen

Bis zur Mittagsrast in Stalldorf lief es eigentlich ganz geschmeidig. Die Pferde hatten ihren Trott und wir als Fußvolk konnten mithalten. 8 Jahre ist es jetzt her, dass wir als kleine Familie am letzten Kaufmannszug teilnahmen. Und in der Erinnerung verblassen vielen Dinge, man kann sich meist nur an die schönen Momente eines Ereignisses erinnern, von denen es bei einem Kaufmannszugserlebnis sicher eine Menge gibt. Allerdings wusste ich noch, dass das Marschieren neben den Wagen wieder anstrengend werden würde. 6 – 8 km pro Stunde klingt erst mal nicht viel, aber ist für die Schrittlänge eines alternden Mitteleuropäers in der Genetik nicht vorgesehen. Aber geschenkt, ich wusste ja, auf was wir uns da einlassen und dann sollte man auch nicht jammern.
Wir sind dieses Mal die zweite Woche dabei und reisten am Samstag mit einem komfortablen Reisebus nach Aub, um uns dann am Sonntag auch gleich wieder ausruhen zu dürfen. Sonntag ist Ruhetag für Mensch und Tier. Nur kurz: Danke an die Auber für den herzlichen Empfang, insbesondere der Stadtkapelle Aub für die Ausrichtung des Festes auf den Spitalwiesen („Daniell, du hast das gesehen, so eine Veranstaltungslocation – das wäre doch eine Klasse-Sache in unserer Stadt – großartig) und Danke an Pastoralreferent Burkard für den wunderbaren Gottesdienst und die
ergreifenden Worte in seiner Predigt. Den Tag in Aub haben wir gut verbracht, es gab wieder jede Menge Blasmusik, gutes Essen und vor allem – gekühlte Getränke. Wie immer, im Rahmen des Kaufmannszugs und mittlerweile auch bei vielen Begegnungen in der Zeit dazwischen: Herzliche Momente unter Freunden.
So, aber nun zurück zum heutigen Tag. Nach zwei eiskalten Nächten mit unzureichender Ausstattung, wie zum Beispiel einem Schlafsack, den mir meine Eltern zum ersten Basilika-Zeltlager im Jahr 1973 gekauft haben und in der ersten Nacht noch fahrlässig ohne Decken, weckten uns um kurz nach fünf dann die Pferde. Es ist so wie bei den Menschen: sobald das erste Pferd gefüttert wird von seinem Kutscher, fangen alle anderen an, gegen die Gatter zu treten und in einen orgiastischen Gewieher-
Chor einzustimmen. Dann ist es natürlich vorbei und Menschen mit einem leichten Schlaf beenden daraufhin ihre Nachtruhe. Aber auch das war bekannt und ich will auch hier nicht jammern. Auf geht’s zur Toilette und zur ersten Körperpflege. Ein Vorteil hat das frühe Aufstehen für alle Teilnehmer: ab 5.30 Uhr gibt’s Kaffee, und zwar richtig Guten. Auf meine Recherche hin wurde mir gesagt, dass in der Morgenstunde bis zum Frühstück mehr als 50 Liter Kaffee gekocht werden. Dies ist nur ein Parameter, der uns zeigt, in welchen Dimensionen hier gedacht und versorgt werden
muss. 200 Menschen, über 40 Pferde müssen essen, trinken, respektive fressen und saufen. Das sind Mengen, die man sich manchmal nur schwer vorstellen kann. Und das oftmals mit einer improvisierenden Logistik. Abgesehen von den 20 Leiterwagen, an denen gefühlt ständig etwas locker wird, etwas abplatzt, geschweißt, geschmiedet, geflext, gesägt und was ich noch alles gemacht werden muss. Ein unfassbar geiles Supportteam, in dem sich die besten Handwerker unserer Stadt zusammenfinden, sorgen mit teilweise schwerem Gerät und handwerklichem Geschick für sofortige
Hilfe. Glücklicherweise sind diese auch noch extrem heimatverbunden und machen das auch noch alle gerne. Vielen Dank auch von mir und sicher auch von allen anderen Teilnehmern. Ihr sorgt dafür, dass wir alle unseren Spaß haben. Natürlich auch an das Küchenteam, die uns sozusagen rund um die Uhr versorgen. Unfassbar, welche Räder hier gedreht werden.
Ich weiß, ich bin schon wieder abgeschweift. Aber man hat hier so viel Zeit zum Nachdenken, hat so viele Eindrücke, die an so einer Tastatur auch unbedingt in dieses Teil reingehämmert werden müssen. Draußen spielen die Unterwittigheimer Musikanten gerade die Polka „Auf der Vogelwiese“, es ist 20.30 Uhr und es hat bestimmt noch 28 Grad auf dem Dorfplatz. Es gab einen herzlichen Empfang, ein Fässchen Bier für uns als Gastgeschenk und als Gegenleistung jede Menge Jubel. Der
Abend, das zeichnet sich schon jetzt ab, wird wieder sehr lange werden.
Ach ja, noch so eine Sache: Ich habe heute Morgen zum ersten Mal ein Pferd gekämmt. Meine unmittelbare Begegnung mit Pferden ( das war in meinem Leben bisher 2 mal) endete auch genau zweimal mit einem Abwurf im Vollgalopp. Sozusagen habe ich heute mein Trauma beigelegt und habe mir vorgenommen, bis zum Ende der Woche auch mal morgens die Hufen auszukratzen. Wenn Nora oder auch Hans, die zuständigen Pferde unseres Wagens von Zugführer Peter und seinen reizenden Beikutscherinnen Anette und Michi sich weiterhin so kollegial verhalten, werde ich auch meine grundsätzlichen Vorbehalte gegen die Impulsivität von Pferden ablegen.
Die zweite Sache fand ich extrem lustig an der Mittagsrast. Eine rege Diskussion entstand, als es um die Entfernungen ging, die wir zum einen schon zurückgelegt haben und die, die wir noch vor uns haben. Sind wir jetzt schon 10 oder 12 km gelaufen, wie weit ist es noch und zählen die 2 km bis zum Ortsausgang von Aub noch dazu in der Länge der Tagesetappe oder nicht. Man konnte erkennen, dass hier um jeden Meter gefeilscht wird, den man schon gelaufen war oder noch zu laufen hatte.
Auffällig war auch bei unserer Reise durch Metropolen wie Riedenheim, Simmringen oder auch Bütthard, dass man unzählige Madonnenstatuen, überlebensgroße Heiligenbildnisse und Kruzifixe in den Ortschaften am Wegesrand vorfinden konnte. Schön, woanders sind solche Dinge schon lange verschwunden. Ich mag so etwas. Allerdings gab es zwischen Aub und Unterwittighausen auch keinen einzigen Supermarkt. Alleine zwei Bäcker und ein geöffnetes Gasthaus auf rund 25 km Länge.
Trotzdem hat man gerade heute Abend das Gefühl, die Menschen, die hier leben an der alten Kaufmannsroute, leben gerne hier und genießen ihr Leben.
So, jetzt geh ich auch raus, habe endlich Lust auf ein gekühltes Distelhäuser Bier und werde heute Abend noch meinen Fuß mit Schmerzsalbe einreiben müssen. Kaufmannszug ist nichts für Weicheier. Aber macht schon jetzt wahnsinnig viel
Spaß. Ich freue mich auf viele weitere herzliche Gespräche am Tage während des Zugs und auch hernach in geselliger Gemeinschaft. Und natürlich freue ich mich auch auf Samstag, wenn wir in Seligenstadt ankommen werden.
Jubel

Norbert Zabolitzk

Tagesbericht 04.06.2023

9. Tag Aub – Ruhetag

Die Nacht war doch etwas kühl und unruhig. Wenigstens hat keiner geschnarcht! Das Supportteam hat Gott sei Dank schon früh den Kaffee zubereitet, sodass die Frühaufsteher schon versorgt werden konnten. Nach und Nach kamen dann immer mehr aus ihren Zelten gekrochen, sodass sich rasch eine stattliche Zahl von Erstwöchlern und Zweitwöchlern mischet und die Zweitwöchler neugierig
und voller Vorfreude den Geschichten der letzten Woche lauschten und sich wertvolle Tips abholen konnten.
Das Küchenteam hat dann rasch ein Frühstück präsentiert, von dem sich manch ein Hotel eine Scheibe abschneiden kann. Nur der Lachs hat gefehlt. Schnell waren auch die Garnituren aufgestellt und jeder hat irgendwo geholfen.
Um 10.15 Uhr fand dann ein ökumenischer Gottesdienst mit allen Kaufmannszüglern statt, der mit einem Trommelfeuer eröffnet und mit reichlich instrumentalen Einlagen von Geige, Flöte und Horn begleitet wurde. Auch unser Bürgermeister war in Gewandung mit von der Partie. Die Teilnehmer der ersten Woche sind danach in die bereitstehenden Busse gestiegen, die sie in die Heimat brachten. Der Rest machte sich auf in den Spitalgarten, um den Frühschoppen der Historischen Trachten- und Stadt-Kapelle Aub zu besuchen. Nach und nach lichtete sich die Zahl der Feiernden
und jeder machte das, was er wollte, Einige holten den verpassten Schlaf in einer schattigen Ecke nach und andere sinnierten über das bevorstehende Abenteuer. Am Nachmittag wurde eine Stadtführung angeboten, die den Interessierten kurzweilige, interessante Anekdoten und zahlreiches, historisches näher brachte.
Abends ging es dann wieder auf das Fest. Wo man in geselliger Runde bei Spareribs und Bier den schönen Tag ausklingen ließ. Viele sind dann früh ins Bett, um den bevorstehenden Strapazen gewachsen zu sein.
Wir freuen uns auf eine spannende Zeit mit unglaublich geselligen und lustigen Menschen.

Schlumber eben!
Alexander Hartmann

Tagesbericht 03.06.2023

8. Tag Etappe von Rothenburg ob der Tauber nach Aub

Die Tagesetappe nach Aub startet ohne Verzögerung gegen 9.30 Uhr. Wieder ein herrlicher Sommertag! Idyllische Landschaften und romantische Städtchen säumen den Weg, es geht gut voran. Keine besonderen Vorkommnisse auf der Strecke; die Halbzeit des diesjährigen Kaufmannszuges rückt immer näher. Unsere Ankunft in Aub können die Teilnehmer der ersten Woche kaum noch erwarten, ebenso die Teilnehmer der zweiten Woche…
Aber alles der Reihe nach:
Nach dem vorzüglichen und vor allem reichhaltigen Buffett im Ochsen, fahre ich noch in der Nacht von Rothenburg ob der Tauber gen Heimat, um die Teilnehmer der zweiten Woche am Samstag an der Heimatbundhalle in Empfang zu nehmen und auf die Busse zu verteilen. Eine Nacht im eigenen Bett … eine Wohltat. Denn die Nächte sind trotz der sommerlichen Temperaturen über Tage sehr kalt.
Ausgeschlafen und mit frischer Wäsche versorgt, hefte ich noch schnell Rechnungen ab und mache einen ersten Kassensturz von der ersten Woche Kaufmannszug. Danach noch schnell an den PC und den Liedtext vom Landsknechtlied „Vom Barette schwankt die Feder“ ausdrucken, damit wir an den künftigen Lagerfeuerabenden etwas textsicherer unterwegs sind.
Der ein oder andere abgerissene Knopf wird mit flinker Nadel wieder angenäht und die Tasche neu gepackt. Die Teilnehmer der zweiten Woche warten schon. Gegen viertel nach eins geht es dann mit zwei Bussen nach Aub. „Frische“ Soldaten und zusätzliche Trommler sind mit dabei. Nach zwei Stunden erreichen alle das Lager auf der Schlosswiese in Aub. Noch knapp eine Stunde bis zur Ankunft des
Kaufmannszuges. Also schnell das Nachtlager aufbauen und sich für die Ankunft schickt machen. Die Trommler und Soldaten werfen die Uniformen über und machen sich auf zum „Aufrödelplatz“.
Pünktlich gegen 16.00 Uhr, vor den Toren von Aub, wirft sich alles in Schale. Das Trommelfeuer ist auf die doppelte Zahl angestiegen und spielen kurz an. Die Geleitssoldaten sind ebenfalls auf eine stattliche Zahl angewachsen. Die Wartezeit bis zum Einzug nach Aub wird durch eine kühle Erfrischung vom Getränkehandel Hirth
verkürzt. Die Stimmung ist bestens und voller Vorfreude. Der Zug nimmt seine finale Aufstellung ein.
Vorne weg die Fahnenschwenker, danach die Trommler, die unsere Ankunft standesgemäß mit ordentlich „Getöse“ ankündigen. Gefolgt von den Geleitssoldaten, den Kaufleuten mit Löffelmädchen, wohlhabende Reisende und Händler im Schlepptau. Die Planwagen mit Fuhrleuten, Knechten, Mägden und Pilgern hinten nach.
Die Straße ist schon gesäumt von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Aub, aber auch viele Gesichter aus Seligenstadt sind zu erkennen. Freunde, Bekannte, Familienmitglieder und Unterstützer des Kaufmannszuges sind unter der begeisternden Menge. Die Teilnehmer der zweiten Woche mischen sich drunter.

Unter Trommelwirbel ziehen wir zum Oberen Stadttor. Der Einzug in die Stadt wird uns allerdings zunächst verwehrt; die Stadtwache blockiert den Zugang zur Stadt. Nachdem wir uns erklären, in friedlicher Absicht zu kommen, unsere Waren feil bieten zu wollen sowie Schutz und Obdach zu erbitten und nach dem wir versichern, frei von Krankheiten und ausschließlich feine Leute zu sein, wurde der Weg nach gründlicher Inspektion von Wagen und Fußvolk durch den Hauptmann freigegeben.
Über das Stadttor zieht der Tross auf den Marktplatz wo wir von den Ratsherren und Schöffen der Stadt und den Bürgern aufs herzlichste begrüßt werden. Wenn wir Aub erreichen, ist es wie eine Heimkehr, denn schon zum sechsten Mal machen wir in Aub Zwischenstation. Über die zwanzig Jahre Kaufmannszug haben sich tiefe Freundschaften entwickelt. Viele fallen sich in die Arme und freuen sich auf das Wiedersehen. Grußworte und Gastgeschenke werden ausgetauscht. Die Fuhrwerke
werden auf die Schlosswiese geleitet, um als erstes die Pferde zu versorgen. Das restliche Fußvolk zieht hinter den Trommlern her zum Spitalgarten.
Die historische Trachten- und Stadt-Kapelle verköstigt und bedient den gesamten Abend. Die Teilnehmer der ersten und zweiten Woche treffen aufeinander. Erfahrungen werden ausgetauscht, gemeinsam gefeiert und gelacht. Erstmals kommen alle Supportler für eine Danksagung auf der Bühne zusammen. Drei Dutzend Supporter, die es ermöglichen, dass der Zug läuft und weiterlaufen kann. Aber auch allen Fuhrleuten wurde gedankt, die schließlich die Verantwortung über Tier und Mensch auf der Zugstrecke und im Lager haben.
Die Gaukler rund um Astrid, Werner, Wolfram und Anton sorgen mit Ihren Jonglierkünsten und Feuerspuckeinlagen für Kurzweyl. Feuchtfröhlich wird bis in die Morgenstunden musiziert, gesungen und gefeiert. Morgen ist Ruhetag … das Nachtlager kann noch ein wenig warten …

Frank J.

Tagesbericht 02.06.2023

7. Tag Etappe von Dombühl nach Rothenburg ob der Tauber

Aus dem Erleben einer Beikutscherin

11 nach 5: Wieder einmal weckt mich die Sonne. Schnell über das Fußballfeld des FC Dombühl zum Toilettenwagen. Obwohl ich dick eingepackt bin, fröstele ich ein wenig. Noch sind die Strahlen am Himmel nur hübsch anzusehen. Später werden sie uns vielleicht noch ins Schwitzen bringen.
Jetzt erst einmal zum Pferd. Heu, Wasser, Kraftfutter. All das ist wichtig, immerhin haben wir heute eine Strecke von 26,2 km vor uns bis nach Rothenburg ob der Tauber. Da muss jedes Pferd gestärkt in den Tag starten können.
Als das erledigt ist, genieße ich den wunderschönen Morgen bei einer guten Tasse Tee. Egal, wie früh ich morgens wach bin, unser Küchenteam ist noch früher auf. Dankbar sitze ich nun also auf der Bank und schlürfe die heiße Flüssigkeit. Langsam erwacht das Lager. Wecker klingeln, Schnarcher brechen abrupt ab, Schlafsäcke rascheln, Zeltplanen gehen auf.
Wasserschläuche ergießen ihren Inhalt rauschend in Plastikbottiche. Gabeln werden in das Heu gestoßen. Schubkarren umher gefahren.
Langsam knurrt mein Magen und – als hätte das Küchenteam meine Gebete erhört – es gibt Frühstück. Ich muss zugeben, dass Frühstück meine liebste Mahlzeit des Tages ist. Wann sonst darf man sich, ohne schief angeschaut zu weden, erst ein Nutellabrot und dann noch ein Salamibrötchen einverleiben? Daneben stellen uns die Essensgöttinen noch buntes Obst und in mundgerechte Häppchen zerteiltes Gemüse zur Verfügung.
Anschließend die bisher eingeübte Routine: Lagerstätte abbauen, Gepäck abgeben, Pferd fertig machen und einspannen. Brav lässt unser Wallach alles über sich ergehen, dafür darf er auch noch ein bisschen grasen.

Gegen 10 setzt sich unser Konvoi in Bewegung. Alles fügt sich ohne Unruhe, als hätten wir alle nie etwas anderes getan.
Also springe ich auf die Kutsche und vertreibe mir meine Zeit bis zur Mittagsrast. Kurz vorher muss jedoch gehalten werden. Wieder einmal müssen die Superhelden vom technischen Support einschreiten. Eine Kutsche muss repariert werden. Schon am Morgen hatte ich die Fähigkeiten von Gatter Gerd und Co. bewundern dürfen. Dieses Mal sehe ich aber leider nichts.

Gegen 14 Uhr halten wir schließlich auf einer (für den Pferdegaumen) schmackhaft grünen Wiese. Mittagsrast.
Auch ein wildgewordener Busfahrer, der uns kurz vorher noch begegnet ist, lässt unsere Laune nicht absinken. Guter Dinge packen die Teilnehmenden mit an und holen den Pferden Wasser oder den Fuhrleuten Essen.
Nach der Pause geht es frisch gestärkt weiter gen Rothenburg – durch Diebach und Gebsattel, wo uns schon die Menschen begeistert zuwinken.

Kurz vor unserem Ziel wird schließlich aufgerödelt. Die Pferde und Kutschen werden mit den von den Teilnehmenden gepflückten Blumen geschmückt, während wir auch unser Pferd bürsten und zum Glänzen bringen.
Dann endlich erklingen die Trommeln. Die Wagenräder beginnen zu Rollen, Hufgetrappel erhebt sich und wir werden feierlich in der historischen Stadt willkommen geheißen. Unter lauten „Jubel“-Rufen begleite ich unser Pferd über das rutschige Kopfsteinpflaster vorbei an den wunderschönen Häusern und Mauern. Dabei frage ich mich, ob wir vielleicht gerade in diesem Moment auf den Spuren realer Vorbilder des Kaufmannszuges wandeln.
Von dem, was auf dem Marktplatz vor sich geht, bekomme ich nur fernes Stimmengewirr mit. Viel zu viele Fragen wollen beantwortet werden: Wer seid ihr? Was macht ihr? Darf ich das Pferd streicheln? Und was heißt Kaufmannszug eigentlich auf Englisch?
Anschließend fahren wir in unser Lager. Wieder spult sich wie automatisch die eingespielte Routine ab: Pferd ausspannen und versorgen, Gepäck holen und Lagerstätten fertig machen. Danach gibt es Abendessen im Gasthaus zum Ochsen. Die aufgetischten Speisen sind unfassbar reichlich und lecker und ich bin richtig traurig, dass ich so schnell satt bin. Zu gerne hätte ich noch viel mehr von den Köstlichkeiten probiert.

Plötzlich ertönt eine Trompete. Verwirrt blicke ich auf und sehe, dass einige Leute vom technischen Support vorne stehen und verschmitzt grinsen. Ein einzelnes Autorad wird hereingerollt. Genau wie die anderen im Saal muss ich lachen. Was hat das wohl zu bedeuten? Das Team erklärt, dass dieser Reifen jemandem gehört, der diesen nun wiedererwerben kann. Um diese Sache ein bisschen zu erschweren, darf allerdings der ganze Saal mitbieten.
Schnell surren die ersten Zahlen durch die Luft. 20, 25, 40, 50… In wenigen Momenten steht das höchste Gebot schon bei 150 Euro. Das Schlusswort jedoch hat der Besitzer des Rades. Am Ende ist er um 200 Euro ärmer, aber wir um eine amüsante Anekdote reicher.
Satt und geschafft kuschle ich mich in meinen Schlafsack. Ein schöner Tag. Auf das der nächste auch so wird.

Katharina