Kaufmannszug 2015 Augsburg – Seligenstadt
Mittwoch, 17.06.2015, Tauberbischofsheim – Külsheim
Die Gedanken sind frei, Pferdegedanken.
Ach wie war die Nacht so kurz. Diese komischen und seltsam gewandeten Zweibeiner kommen ja schon wieder zu unserem geliebten Ruheplatz. Leben könnte in dieser ländlichen Idylle so schön und ruhig sein. Endlose Weiden – Unmengen von bestem, saftigem Gras! Diese Blödmänner haben Wagen, die sie selbst nicht ziehen können, aber draufhocken – das können sie. Was soll das Ganze? 17 Wagen – 140 Zweibeiner, das Verhältnis stimmt doch nicht, oder?! Bei großen Steigungen zeigen sie uns zwar ihr Wohlwollen, indem sie absteigen, aber dies ist wohl eher eine Absichtserklärung. Die Kerle sind viel leichter und könnten zu Fuß gehen, genauso wie wir. Unsereins hat mehr Eigengewicht zu tragen und zieht dazu noch den Wagen. Aber wenn ich so überlege, geht es mir doch ganz gut, für mein Futter wird gesorgt. Drückt mich ein Wehwehchen kommen alle besorgt angelaufen und die Bestürzung ist groß. Ganz abgesehen von den täglichen Streicheleinheiten, die uns besonders von den süßen Zweibeinerinnen zukommen. Das lässt uns über alles hinwegsehen. Unser Pferdeherz ist ja bekanntlich sehr groß. Außerdem stehen wir sonst immer lange im Stall, Weide oder auf dem Paddock und langweilen uns. Arbeiten macht uns Spaß und man sieht mal was von der Welt. Wer sich mit uns auskennt sieht es in unseren schwarzen großen Augen.
Und doch war das heute ein entspannter Tag. Beim Aufschirren fragte ein Fuhrmann den Anderen nach der Startzeit, der sprach von 11.00 Uhr. Tatsächlich folgte nur eine kurze Wegstrecke ohne große Steigungen und dann schon wieder Mittagsrast. Völlig relaxt standen wir am Rande eines großen Platzes und konnten uns nicht erklären, wer Gras so gleichmäßig kurz abgrasen kann. Ich glaube mich daran zu erinnern, gesehen zu haben, dass darauf viele Zweibeiner einer einzigen Lederkugel hinterher rannten. Wie blöd, noch blöder als Wagenziehen, da hat wenigstens jeder einen eigenen und man streitet sich nicht darum. Wir wurden getränkt – gefüttert und es geht wieder weiter. Doch irgendwie passt unser Tempo nicht mehr so Recht in die heutige Zeit der Dieselrösser und Benzinkutschen, die uns immer wieder begegnen. Die müssen sich manchmal unserem Tempo anpassen – Geduldsprobe!!! Die meisten mit Wohlwollen, wenige genervt. Dann wieder eine lange Pause mitten in einer tollen Landschaft – Gras, Gras……. eine Zweibeinerin erzählte etwas von „Toskana“ – kann man das essen? Wir wieder los, dann kamen Gestalten mit einer Maschine, schwarz, surrend an einem geringelten Führstrick, irgendwas von Sendung und Fernsehen faselnd. Warum sind dann die Zweibeiner so komisch, wie bei einer Kolik. Manche machen komische Bewegungen, andere verstecken sich in ihrer Box/Wagen. Ich glaube die brauchen mal einen Arzt.
Aber im Großen und Ganzen sind wir doch zufrieden und bilden mit dem Einen oder Anderen ein gutes Team, sie kümmern sich doch alle gut um uns. Das Einparken der Fuhrwerke wird immer abgesprochen aber keiner von denen kann bis 2,3 oder 4 zählen, bleibt für uns nur das Chaos über!
Morgen wird alles besser, vielleicht – Wir haben ja einen großen Kopf und viel Geduld.
Von den Pferden von Peter Knapp und Stephan Sprey